Je näher man ein Wort ansieht, desto ferner sieht es zurück, sagt Karl Kraus. Das gilt für die Sprache insgesamt: Warum zum Beispiel kann man unterstützt, aber nicht geholfen werden? Und weshalb ist etwas schlechter, aber nicht güter?

Es war der Lateinunterricht in meinem Walsroder Kleinstadtgymnasium, der mir diesen ethnologischen Blick auf die Sprache vermittelte: In dieser Sprache  gibt es zum Beispiel Verben, die nur in der Passiv-Form vorkommen, obwohl sie aktive Bedeutungen haben. „Sprechen“ heißt „loqui“, was eigentlich als „gesprochen werden“ zu übersetzen wäre. „Die spinnen, die Römer“, war meine erste Reaktion. Bei „mori“, dem Wort für „sterben“, kam ich allerdings ins Grübeln. „Gestorben werden“ trifft es doch eigentlich ganz gut. Denn es ist ja nichts, was man tut. Sondern etwas, das mit einem geschieht.

Damals bekam ich eine Ahnung davon, dass jede Sprache einer eigenen, historisch gewachsenen Logik folgt. Seitdem fasziniert Sprache mich in all ihren Facetten: als komplexes Medium der Kommunikation, als Reflex gesellschaftlicher Entwicklungen und Zeugnis der Geschichte, als neurobiologisch verankerte Fähigkeit und Spiegel der Kultur.

Über linguistische Forschungen schreibe ich nicht nur als Journalist, ich betreibe sie auch selbst. Als Lehrbeauftragter für Germanistische Linguistik habe ich an den Universitäten Hamburg und Bremen Seminare zu Themen aus den Bereichen Grammatik, Sprachgeschichte, Sprachkritik, Medienlinguistik und Niederdeutsch veranstaltet.

Welcher Fall?

Sprachwissenschaftliche Arbeiten (Auswahl)

Publizistische Sprachkritik: Grundlagen und Kriterien publizistischer Sprachbeurteilungen in Deutschland. Mit einem historischen Abriss 1886 – 1983
(Magisterarbeit) Göttingen 1984 (Download PDF, 170 MB)

Sprachgeschichte: Was heißt hier Deutsch?
Was heißt hier Deutsch? Kleine Geschichte der deutschen Sprache. 2., aktualisierte und erweiterte Auflage, C.H.Beck, München 2022
https://www.chbeck.de/krischke-was-heisst-hier-deutsch/product/33764391

Wortgeschichte: Der Polizist als ‚Bulle‘
Der Polizist als Bulle: Zur Etymologie und historischen Entwicklung eines Reizwortes. In: Muttersprache. Vierteljahresschrift für deutsche Sprache. Jg. 126, Heft 1, 2016, S. 31-78 (Download PDF)

Grammatik: „Besser als wie man denkt.“
Besser als wie man denkt. „Schlechtes Deutsch“ als Werbebotschaft. In: Muttersprache. Vierteljahresschrift für deutsche Sprache. Jg. 122, Heft 2, 2012, S. 102-130 (Download PDF)

Grammatik: Des Menschens Genitive
Des Menschens Genitive. Normabweichende Genitiv-Varianten bei schwachen Maskulina. In: Linguistik online Bd. 53, Heft 3 / 2012, S. 55-84
https://bop.unibe.ch/linguistik-online/article/view/289

Volksetymologie: Auf schmalem Grad im Spießroutenlauf
Auf schmalem Grad im Spießroutenlauf. Idiom-Fehlschreibungen zwischen Orthographieschwäche und Volksetymologie. In: Muttersprache. Vierteljahresschrift für deutsche Sprache. Jg. 124, Heft 1, 2014, S. 57-91 (Download PDF)

Sprachkritik: Der Journalist als Sprachexperte?
Der Journalist als Sprachexperte? Sprachkritik in der Publizistik. In: Medium. Zeitschrift für Hörfunk, Fernsehen, Film, Presse. Jg. 15, H. 8, S. 37-43 (Download PDF)

Sprache des Wissenschaftsjournalismus
Zur Sprache der fachexternen Massenkommunikation. Mikrochips als Pressethema. (Sprache i. d. Ges.. Beitr. zur Sprachw.. Bd. 25, hg. v. J. Hennig, E. Straßner u R. Rath). Peter Lang. Frankfurt /M.
https://www.peterlang.com/document/1086430

Sprache der Wissenschafts-PR
PR-Texte für die Wissenschaft. Zur Produktion und Revision fachexterner Pressemitteilungen. In: Fachsprache. Internationale Zeitschrift für Fachsprachenforschung, -didaktik und Terminologie. 20. Jg., Heft 3-4 /2004, S. 114-132 (Download PDF)

Journalistische Veröffentlichungen zu sprachlichen Themen (Auswahl)

Leichte Sprache an der Uni : Sag es einfacher!
Immer mehr Forschungsinstitute und Universitäten bemühen sich um „Leichte Sprache“. Versteht man sie nun besser?
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15.06.2023
https://www.faz.net/aktuell/karriere-hochschule/hoersaal/wie-sinnvoll-ist-leichte-sprache-an-den-universitaeten-18959052.html

Linguist Roman Jakobson: Der Mann, der vor 90 Jahren schon die gendergerechte Sprache widerlegt hat
Gender-Propagandisten hassen sie, weil sie wissenschaftliche Argumente gegen ihre gefühlten Wahrheiten liefert: die strukturalistische Grammatik. Deren Begründer war Roman Jakobson. Der Linguist entkam Stalin und misstrauischen Bauern, die ihn lynchen wollten. Welt, 25.10.2023
Gendern: Roman Jakobson widerlegte schon vor 90 Jahren das Gendern – WELT

Orthographie im Lehramt:„Wir sind mitten in einer Rechtschreibkatastrophe“
Die orthographischen Kenntnisse von Lehramtsstudenten haben sich dramatisch verschlechtert. Darunter leiden auch die der Schüler. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 8.9.2021
Lehramt: Rechtschreibkenntnisse der Studenten werden schwächer (faz.net)

Orientierung in Nordfriesland: Südlich der Teetasse
Die Nordfriesen wählen ihre Raumbegriffe teils noch immer nach der Himmelsrichtung. Doch langsam verblassen die Landkarten im Kopf.  Frankfurter Allgemeine Zeitung, 14.08.2023
https://www.faz.net/aktuell/karriere-hochschule/hoersaal/nordfriesland-was-himmelsrichtungen-mit-raumangaben-zu-tun-haben-19087509.html#void

ChatGPT-3 : Trainingsrunden für Sprachroboter
Das KI-Programm ChatGPT-3 scheint sich zum Albtraum für das akademische Prüfungswesen zu entwickeln. Wo liegen seine Grenzen? Ein Blick ins System. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 02.02.2023
https://www.faz.net/aktuell/karriere-hochschule/hoersaal/trainingsrunden-fuer-sprachroboter-wie-funktioniert-chatgpt-3-18623643.html?premium#void

Massenpsychologie : Warum der Satz „Du bist etwas Besonderes“ immer eine Lüge ist
Freud analysierte sie, Philosophen warnten vor ihr und an Hitler soll sie schuld gewesen sein. Seitdem ist immer weniger die Rede von der Masse. Heute sind alle gleich: Sie wollen individuell sein. Doch auch wer nichts von der Masse wissen will, gehört zu ihr. Welt, 26.05.2023
https://www.welt.de/kultur/plus245403386/Psychologie-Warum-der-Satz-Du-bist-etwas-Besonderes-immer-eine-Luege-ist.html

Tatsächlich ist der Bulle kein Stier
Kluger Mann: Zur Sprachgeschichte einer Schmähkritik. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 13.4.2016, S N3 (Download PDF)

Fritz Mauthners Sprachkritik: Die „grauenhafte Erkenntnis“, dass wir immer betrogen werden
Sprachkritik ist eine sehr deutsche Angelegenheit. Lange bevor man „Unwörter“ jagte, betrieb sie der Philosoph Fritz Mauthner, der vor 100 Jahren starb. Er glaubte nicht einmal, dass es so etwas wie einen „Apfel“ wirklich gibt. Der geheime Grund war ein verzweifelter Patriotismus.
Welt, 04.07.2023
https://www.welt.de/kultur/plus246096332/Fritz-Mauthners-Sprachkritik-Die-grauenhafte-Erkenntnis-des-Betrugs.html

Gendersprache : Sprachplanung im Großformat
Anders als ihre Fürsprecher meinen, ist Gendersprache kein Produkt natürlichen Sprachwandels, sondern ein einzigartiger technokratischer Eingriff.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21.02.2022
https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/das-gendern-ist-kein-ergebnis-natuerlichen-sprachwandels-17805596.html?premium

Verstehen Sie Chat?
Tweeten, faven, blocken – wie Soziale Netzwerke die öffentliche Sprache verändern und was Luthers Flugschrift damit zu tun hat
Das Parlament Nr. 35-36 / 30.08.2021
https://www.das-parlament.de/2021/35_36/themenausgaben/856034-856034

Linguistische Analyse : Wer war Jack the Ripper?
Wer Jack the Ripper wirklich war, wird man auch nach den Forschungen von Andreas Nini nicht mit Sicherheit wissen. Aber man kommt der Auflösung des großen Rätsels ein Stück näher. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 13.4.2016
http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/hoch-schule/linguistische-analyse-wer-war-jack-the-ripper-15612405.html

Kurze Sätze gut
Manche Sprachen haben extrem komplizierte Regeln, andere ganz einfache. Woran liegt das? DIE ZEIT, 12. Juli. Nr. 29/2012
https://www.zeit.de/2012/29/Sprache-Grammatik

Forensische Linguistik: Wer war’s?
Bekennerschreiben oder anonymer Drohbrief: Ein Fall für forensische Linguisten. Sie suchen in den Texten der Täter deren persönlichen Sprachabdruck. DIE ZEIT 25. Juli 2013, Nr. 31/2013
https://www.zeit.de/2013/31/forensische-linguistik

Wer lesen kann, kontert schneller
Mangelnde Lesefähigkeit wirkt sich auch auf die mündliche Kommunikation aus In: Wortspiegel. Die Fachzeitschrift der LOS. Heft 2, 2014, S. 29-30 (Download PDF)

Runen aus Karthago
Sprachwissenschaftler streiten über den Ursprung des Deutschen. Haben afrikanische Händler ihre Sprache und Schrift an die Nordseeküste gebracht? Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21.6.2020
https://www.faz.net/aktuell/wissen/archaeologie-altertum/runen-aus-karthago-streit-ueber-den-ursprung-des-deutschen-16816963.html

Sprachglosse: „Streitkultur“ – Hart und nobel
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 29.1.2020 (Download PDF)

Sprachglosse: „Resilienz“ – Wir Stehaufmännchen
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25.4.2019
https://www.faz.net/aktuell/karriere-hochschule/wir-stehaufmaennchen-ueber-den-modebegriff-resilienz-16143049.html